Sportsozialpreis 2019 | Gérard van den Elzen


Lauf- und Walking-Treff Unna

Wenn Marc Fälker bei einer Laufveranstaltung die Ziellinie erreicht, braust der Applaus der Zuschauer ganz besonders laut auf. Nicht etwa, weil der 40-Jährige die als Erster erreicht, sondern weil er nichts sehen kann. Marc Fälker ist von Geburt an blind.
Allein ist es natürlich nicht möglich, sich einem sportlichen Wettkampf zu stellen. Er braucht Hilfe, um die Strecke unfallfrei meistern zu können. In Gérard van den Elzen hat er sie gefunden. Mit ihm trainiert er mehrfach in der Woche, mit ihm an der Seite versucht er, seine Bestzeiten über die verschieden langen Distanzen zu steigern. Denn trotz seines Handicaps ist der sportliche Ehrgeiz groß. „Ich versuche schon, immer schneller zu werden“, sagt Fälker. „Er geht dabei immer ans Limit und das ist auch gut so“, stimmt Gérard van den Elzen ihm zu.

Im September 2015 hat Fälker mit dem Laufsport begonnen. Damals noch als Mitglied bei den Laufsportfreunden (LSF) Unna, seit diesem Jahr trägt er das Trikot des Lauf und Walking Treffs (LWT) Unna. Gérard van den Elzen startete seine Laufkarriere von neun Jahren ebenfalls bei den LSF. „Auf Anraten meines Arztes. Übergewicht und bis zu 40 Zigaretten am Tag haben der Gesundheit nicht gerade gutgetan“, sagt er. Inzwischen trainiert der 65-Jährige, der nun ebenfalls für das LWT startet, drei bis vier Mal in der Woche, und fühlt sich auf den längeren Strecken besonders wohl. „Wir sind ja Langstreckenläufer. Über 5-km gehe ich nicht mehr an den Start“, sagt er.

In dieser Sportart richtig fit zu sein und seine Bestzeiten in höhere Regionen zu steigern, ist auch Grundvoraussetzung dafür, um mit einem Blinden an der Seite zu laufen. „Man muss schon deutlich besser als der Partner sein, schließlich muss ich ja für zwei sehen, um Unfälle zu vermeiden“, erklärt van den Elzen. Eine Teilnahme an einer Crossveranstaltung durchs Gelände ist wegen des unebenen Untergrunds natürlich nicht möglich. Die Sturzgefahr wäre viel zu hoch.
Es gibt einige Dinge, die das Duo beachten muss. Verbunden sind die beiden mit einem knapp einem Meter langen Band, das jeweils am Arm befestigt wird. Fälker reagiert darauf, wenn an dem Band gezogen wird. Beim Laufen die Arme unterstützend, wie allgemein üblich, einzusetzen, ist daher nicht möglich. Gelaufen wird nebeneinander. „Das bedeutet, dass wir etwas mehr Platz als die anderen Läufer brauchen. Auch das muss natürlich von mir beachtet und vorhergesehen werden“, sagt van den Elzen. Einen Trainerschein für seine sportliche Tätigkeit benötigt er im Übrigen nicht. Eine gesonderte Wertung für Blinde erfolgt nicht, der Unnaer wird normal seiner Altersklasse M40 zugeordnet.

Wenn Marc Fälker, der neben dem LWT auch noch dem Blinden und Sehbehinderten Sportverein Dortmund angehört und dort „Torball“ spielt, laufen will, muss er also auch im Stadion einen Partner an der Seite haben. Nicht immer kann Gérard van den Elzen dies ermöglichen und daher übernehmen auch schon einmal andere Sportler seines Laufvereins diese Rolle. „Das hat auch recht gut geklappt“, so Marc Fälker. Beim Bahn-Training im Herderstadion, das einmal wöchentlich stattfindet, lässt er das Band weg. Dann hört er, wo sein Partner ist und folgt ihm eben nach Gehör.

Dem behinderten Unnaer geht es aber, wie erwähnt, nicht nur um die sportliche Betätigung allein. Er will seine Zeiten verbessern und vor allem auch die Distanzen vergrößern. Und das gelingt. Los ging es 2016 mit der Teilnahme am 5km-Lauf der Barbara-Runde des SuS Oberaden, es folgte der Kurparklauf des TV Unna. Seine Zeit damals: 25:02 Minuten. Am 1. Mai 2017 wagte sich Marc Fälker dann beim Kamener Volkslauf des TVG Kaiserau an die 10km. Nach rund 51 Minute erreichte er da das Ziel. Doch sein Ehrgeiz war damit noch immer nicht gestillt. „Wir haben dann den Silvesterlauf von Werl nach Soest über 15 Kilometer in Angriff genommen“, berichtet van den Elzen. Die behutsame Vorbereitung auf diese Veranstaltung hat sich gelohnt. Die beiden legten diese Strecke in 1:20 Stunden zurück.

Doch die „Weitenjagd“ war damit noch immer nicht beendet. Es sollte schon auch noch der Halbmarathon (21,1 km) gemeistert werden. Und dieser Plan wurde im März in Venlo beim „Venloop Halbmarathon“ in die Tat umgesetzt. Dort herrscht wegen der großen Zuschauerkulisse stets eine tolle Atmosphäre. 17.000 Aktive waren mit dabei, Marc Fälker war der einzige blinde Starter. Nach 1:55 Stunden bewältigte er auch die 21,1 Kilometer.

Was kommt nun noch, ist der Marathon auch ein Ziel? „Ich muss mal sehen, wie mir die längeren Läufe körperlich bekommen. Ich will mich auch nicht unnötig unter Druck setzen“, sagt Marc Fälker. Unmöglich sei es aber nicht. Gelingt auch dieses Vorhaben, ist ihm im Ziel weiterer Applaus gewiss.

(Michael Friehs, Hellweger Anzeiger, Redaktion Lokalsport)